25. February 2019

Report: My Vote - My Impact. Europe Behind the Scenes.

"This time I'm voting. Diesmal wähle ich, weil ..." Ja, warum eigentlich?

Die bevorstehenden Europawahlen am 26. Mai diesen Jahres machen nachdenklich. Rechtsrücke, Brexit, Finanzkrisen. Was bringt uns die EU eigentlich? Wie beeinflusst sie unser tägliches Leben und unsere Zukunft? Um herauszufinden, was die EU für mich und andere EU-Bürgerinnen und Bürger bedeutet, machte ich mich vergangene Woche auf den Weg nach Luxemburg - eines der ersten Mitgliedsländer der EU, interkulturell geprägt und irgendwo in der Mitte zwischen Brüssel und Straßburg. Hier traf ich auf die anderen Teilnehmenden des von ERASMUS+ geförderten Projekts "My Vote - My Impact. Europe Behind the Scenes", die aus Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Lettland, Litauen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern kamen.

Eine bunt gemischte Gruppe von Stadtangestellten, Chemie-Lehrern, NGO-Mitarbeitenden, Priestern und IT-Studentinnen, die wir uns alle für die kommenden Tage mit dem Thema beschäftigen wollten, wie man jungen Menschen die bevorstehenden EU-Wahlen näherbringen kann. Denn irgendwie ist die EU doch ganz schön alt, jedenfalls, wenn man den Bildern von grauhaarigen Herren und Damen aus dem Plenarsaal des EU-Parlaments Glauben schenkt. Und wo wir schon mal beim Kritisieren waren, machten wir gleich weiter. Antworten auf Fragen wie "Warum interessieren sich junge Leute nicht für die EU?" und "Warum wählen die Leute nicht?" waren im Rahmen eines Future-Workshops schnell gefunden: Viele denken, ihre Stimme habe keinen wirklichen Einfluss auf die Politik "der da drüben in Brüssel", die kleinkrämige Bürokratie ziehe alles nur unnötig in die Länge, und welche europäischen Werte teilen die EU-Mitgliedsstaaten eigentlich noch, wenn jedes Staatsoberhaupt eh sein eigenes Ding anzustreben scheint? Okay, Kritisieren ging schnell. Aber wie sah eigentlich unsere Idealvorstellung einer perfekten EU aus?

Wir entwarfen Szenarien, diskutierten, verwarfen und veränderten Ideen.

Ja, wir alle in dem kleinen Ort Lultzhausen irgendwo im ländlichen Luxemburg hatten Träume, wie die EU aussehen könnte, Sorgen und Hoffnungen im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung und viele Themen, die uns am Herzen lagen, von Diversität über Umwelt bis hin zu sozialer Gerechtigkeit. Vollbepackt mit all diesen Träumen, Sorgen, Hoffnungen und vor allem vielen Fragen machten wir uns am nächsten Tag voller Neugier auf den Weg nach Brüssel, um uns dort auf die Suche nach Antworten, Inspiration, und, natürlich, den besten Waffeln und Fritten der EU zu begeben.

Im Rahmen eines Besuchs des Europaparlaments hatten wir endlich die Gelegenheit, bei zwei Abgeordneten aus Luxemburg und Österreich einige unserer Fragen loszuwerden. Das brachte erfrischende, zum Teil aber auch ernüchternde Erkenntnisse. Die größte aktuelle Herausforderung der EU? Das fehlende Vertrauen zwischen den Mitgliedsstaaten. Die Positionierung in außenpolitischen Angelegenheiten? Definitiv nicht mutig genug. Der Brexit? Ein Szenario, das alle gern verhindern würden. Die Gesetzmachung? Deutlich zu langsam. Die EU-Abgeordneten? Mit Sicherheit zu alt. Aber endlich, endlich bekamen wir ehrliche Antworten - und wenn es manchmal auch nur ein "Ich weiß es nicht." war. Endlich wurden wir nicht mit ausweichenden Antworten abgespeist, nicht mit halb-offiziellen Zahlen verwirrt oder mit Parteiwerbung bombardiert. Nein, es ging wirklich um die EU, um die Idee der gemeinsamen Werte, getragen von Menschen, die unsere Sorgen teilten und mit ihrem Herzen für eine gemeinsame, gerechte und vor allem zusammenstehende EU kämpften. Aber auch die Abgeordneten blickten sorgenvoll auf die kommenden Wahlen, bei denen die nationalistische und anti-europäische Partei schnell zweitstärkste Kraft werden könnte. Am Nachmittag erlebten wir im Haus der Europäischen Geschichte Europa nochmal im Schnelldurchlauf.

Weltkriege, Kalter Krieg, EU. Wir sind schon so weit gekommen. Aber, wie schon George Santayana wusste: " Those who cannot remember the past are condemned to repeat it."

Nachdenklich machten wir uns auf den Rückweg von der belgischen Großstadt ins beschauliche Lultzhausen, um uns in den letzten zwei Tagen damit auseinanderzusetzen, was wir konkret machen konnten, um Anderen die Wichtigkeit der bevorstehenden Europawahlen zu verdeutlichen. Denn dass jede Stimme für eine pro-europäische Partei zählte, war uns jetzt allen klar. Fragen hatten wir natürlich immer noch. Wie gut, dass noch zwei Gesprächspartner von außen in unser Projekt eingeladen worden waren, die sich gerne unserem Fragensturm stellten: ein Mitarbeiter des EU-Verbindungsbüros Luxemburgs und eine Mitarbeiterin aus dem Zentrum für politische Bildung in Luxemburg, mit denen wir die Stellung Luxemburgs in der EU sowie den Stellenwert der EU für Luxemburgs Bürgerinnen und Bürger diskutierten, Projekte besprachen und Ideen austauschten.

In der verbleibenden Zeit warfen wir all unsere Erfahrungen, neugewonnen Erkenntnisse und energiegeladene Motivation zusammen, um in einzelnen Gruppen an konkreten Projekten und Ideen zu arbeiten, wie man jungen, aber auch sozial benachteiligten Menschen die EU zugänglicher machen und sie für die Wahlen motivieren kann. Wir designten Flyer, entwickelten Vorschläge für EU-Festivals und universitäre Diskussionsevents, drehten einen kurzen Film und legten den Grundstein für eine gemeinsame Website, auf der in naher Zukunft unsere Ergebnisse für die Öffentlichkeit sichtbar sein werden. Denn die EU, das sind eben nicht nur "die da drüben in Brüssel". Die EU, das sind wir, die wir aus den unterschiedlichsten Ländern in Luxemburg zusammenkamen, zusammen kritisierten, zusammen träumten, zusammen Ideen entwickelten und zusammen eine Form der Kommunikation fanden, die weit über die unserer aller Muttersprachen hinausging (und nein, ich rede nicht von Englisch).

Diesmal wähle ich, weil ich diese Freiheit der EU liebe, zu reisen, studieren, arbeiten, mich mit Anderen auszutauschen und interkulturelle Erfahrung sammeln zu können.

Diesmal wähle ich, weil ich Verantwortung übernehme und weil meine Stimme zählt. My Vote - My Impact.

Marie (24, Freiwillige von IBG)
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