11. Januar 2023

Vom Büro aufs Feld - Freiwilligendienst in der solidarischen Landwirtschaft (Wales)

Lena war 2022 für ein halbes Jahr in Wales und hat dort als Freiwillige in einem solidarischen Landwirtschaftsbetrieb mit angepackt. Was sie in der Zeit erlebt hat, beschreibt sie hier für euch:

"6 wundervolle Monate auf Caerhys Organic Farm an der walisischen Küste

Mein Name ist Lena, ich bin 29 Jahre alt und habe nach 6 Jahren Büroarbeit Lust gehabt, mal etwas ganz anderes zu machen. Über das Europäische Solidaritäskorps (ESK) und IBG hatte ich die Möglichkeit 6 fantastische Monate auf einer Farm in Wales zu verbringen, meinen Horizont zu erweitern und Freunde fürs Leben zu finden.

Es war eine der schönsten, aufregendsten und herausforderndsten Zeiten meines Leben und ich bin unendlich dankbar, für alle Erfahrungen, die ich auf Caerhys Organic Farm machen durfte.

Die Geschichte hinter Caerhys Organic Community Agriculture (COCA)

COCA ist eine community supported agriculture (CSA). Es bedeutet, dass es eine Gemeinschaft gibt, deren Mitglieder sowohl einen finanziellen Beitrag leisten als auch bei der Organisation bzw. auf dem Feld mithelfen. COCA CSA baut zertifiziertes Bio-Gemüse an, welches einmal die Woche geerntet und als Gemüsebox den Mitgliedern zur Verfügung gestellt wird. In Deutschland ist das Geschäftsmodell vergleichbar mit einer Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi).

Vor ca. 13 Jahren wurde COCA CSA von einer Gruppe Menschen gegründet, denen die lokale und saisonale Lebensmittelversorgung der lokalen Bevölkerung am Herzen liegt. Der Gemüseanbau findet auf Caerhys Organic Farm statt, dessen Besitzer, Farmer und Aktivist, Gerald Miles auch einer der Mitgründer und Hauptverantwortlichen von COCA CSA ist. Seit Januar 2022, werden zwei Gärtner*innen beschäftigt, die sich zusammen mit den europäischen Freiwilligen um den Anbau des Gemüses kümmern.

Vom Büro aufs Feld

Im Frühling 2022 habe ich meinen Job und somit auch das Leben im Büro hinter mir gelassen und mich auf den Weg nach Wales gemacht.

Es war eine komplett neue Welt für mich und ich war überglücklich über den Wechsel vom Büro aufs Feld und von der Stadt aufs Land. Die Arbeit hat mir super viel Spaß gemacht. Wir waren jeden Tag draußen, haben Beete vorbereitet, Setzlinge angezogen, sehr viel Unkraut gejätet, neue Pflanzen ins Feld gepflanzt, gegossen, repariert, umorganisiert und geerntet.

Die Arbeit war immer vielfältig, nie langweilig, manchmal sehr anstrengend und vor allem hat sie immer Spaß gemacht. Das lag natürlich nicht zuletzt an der hervorragenden Gesellschaft. Wir waren 3 ESK-Freiwillige und die beiden Gärtner*innen Alma und Juli. Diese Truppe hat von Mai bis November, den Gemüseanbau am Laufen gehalten. Dazu kamen viele Freiwillige, die für ein paar Wochen auf der Farm halfen und das wunderbare Leben an der Küste mit uns genossen. Sie brachten immer wieder neue Themen oder Inspirationen mit.

Die Kampagne 'Rettet COCA CSA'

Es war natürlich nicht immer einfach und wir hatten auch mit großen Herausforderungen in den 6 Monaten zu kämpfen. Die nachlassende Beteiligung der Mitglieder und der Rückgang der Mitgliedschaften, machten COCA CSA sehr zu schaffen. Die finanzielle Lage war alles andere als gut und es war nicht klar, ob COCA CSA weiter bestehen würde. Diese Nachrichten haben uns natürlich sehr traurig und wütend gemacht. Vor allem für die beiden Gärtner*innen Alma und Juli und den Farmer Gerald war es wie ein Schlag ins Gesicht. Sie haben so viel Energie und Herzblut in dieses Projekt gesteckt und nun kann es sein, dass es zu Ende geht.

Das konnten wir nicht zulassen und so haben wir alles in Bewegung gesetzt, um COCA CSA zu retten. Wir haben eine Social-Media-Kampagne gestartet mit dem #savecocacsa, um auf uns aufmerksam zu machen. Nachhaltige Landwirtschaft und ökologischer Gemüseanbau stellen einen enormen Mehrwert für unser System da. Es ist eine Möglichkeit, im Einklang mit der Natur, Lebensmittel zu erzeugen, ohne sie auszubeuten oder zu zerstören. Es ist eine Investition in die Zukunft, eine Investition in uns und die Generationen nach uns. Wir waren überwältigend zu sehen, wie viel Zuspruch und Unterstützung wir erhalten haben.

Es war dann wohl auch einer der schönsten Momente, als wir erfahren haben, dass durch unsere Aktionen neue Mitglieder angeworben wurden und die finanzielle Lage sich so weit verbessert hat, dass COCA CSA weiter bestehen kann.

Aus Fremden werden Freunde

Die Farm bestand aus einer Gemeinschaft von verschiedensten Menschen, Locals, internationale Freiwillige, die beiden Gärtner*innen, die Familie Miles, die wie wir Freiwilligen auf der Farm lebte, Freunde, Unterstützer*innen und Partner*innen aus der ganzen Welt. Es war ein bunter Haufen und wir haben viel zusammen unternommen, wurden in die walisische Gesellschaft integriert, haben gelacht, getanzt, gesungen, viel über ökologische Landwirtschaft und biologischen Gemüseanbau gelernt. Wir haben zusammen gearbeitet, gelebt, gekocht und unsere Freizeit gemeinsam verbracht.

Es ist schön Teil einer Gemeinschaft zu sein, allerdings auch nicht immer ganz einfach. Gegenseitiger Respekt und Verständnis sind unglaublich wichtig, wenn man auf so engem Raum zusammen lebt und wie wir fast jede Minute zusammen verbringen. Wir waren wie eine kleine Familie, die sehr liebevoll und offen für all unsere Probleme, Freuden, Sorgen und Wünsche war, egal ob bei der Arbeit oder danach. Wir haben viel über uns gelernt, sind zusammen gewachsen und haben gemeinsam wundervolle Momente erlebt.

Die Farm zu verlassen und all den lieben Menschen auf Wiedersehen zu sagen, war unglaublich schwer. Es hat sich etwas angefühlt, wie Liebeskummer, nur eben mit Freunden.

Last but not least

Der ESK hat mich auf jeden Fall unglaublich viel weiter gebracht. Ich habe viel gelernt, über nachhaltige Landwirtschaft, ökologischen Gemüseanbau, Gemeinschaft, alternative Lebensformen, Kulturen, Freundschaft, Beziehungen und vor allem über mich selbst. Solltet ihr die Möglichkeit haben, ebenfalls eine solche Erfahrung zu machen, macht es auf jeden Fall. Es lohnt sich!"

Europäisches Solidaritätskorps

Wenn euch Lenas Bericht inspiriert, selbst einmal ein paar Monate im Ausland zu verbringen, schaut euch doch einmal weitere Projekte unserer Partnerorganisationen an: Über das Europäische Solidaritätskorps (ESK) kannst du dich für Freiwilligenteams oder auch für längere Freiwilligeneinsätze im europäischen Ausland bewerben. Es gibt dabei eine strikte Altersgrenze von 18 bis 30 Jahren und es sind zusätzlich zur Anmeldung bei uns oder einer anderen Organisation noch einige wichtige Schritte vor und nach dem Projekt zu erledigen. Mehr Infos zum ESK findest du hier.